-Übermüdet-
Nach der verpassten U-Bahn und ohne Hotel oder andere Bleibe, bin ich in der nächtlichen Großstadt unterwegs um die Zeit bis zum Flug nach Auckland am nächsten Morgen zu überbrücken. Damit ich im trüben Dunkel zumindest ein paar ansehnliche Bilder, als Erinnerung an dieses Erlebnis, auf die Speicherkarte bekomme, nutze ich die Beleuchtung am Ufer des Flusses. Wie immer, wenn Licht auf Wasser trifft, entstehen auch in der sonst so unfreundlichen Atmosphäre zumindest ein paar schöne Reflexionen.
Allzu lange kann ich mich so aber auch nicht beschäftigen, darum setze ich meinen Weg auf der Brücke über den Perlfluss fort. Der Name passt aus meiner Sicht aber nicht für das grau-braune Gewässer, das ziemlich träge vor sich hin strömt.
Auf der gegenüberliegenden Seite entdecke ich nach kurzem Weg am Ufer entlang eine Informationstafel mit Karte, die ich natürlich sofort fotografiere. Bisher habe ich mich nur aus der Erinnerung an die Luftbilder orientiert, die ich mir vor der Abreise mal angesehen habe. Jetzt kann ich zumindest die anderen U-Bahnstationen ausmachen, die mit einem Symbol gekennzeichnet sind und mich etwas freier bewegen. Ansonsten ist alles nur auf Chinesisch angegeben, sodass ich mit den Informationen nichts anfangen kann.
Die erste Brücke über die ich gegangen bin ist die Nummer Acht, das Hotel in dem ich eigentlich übernachten wollte liegt irgendwo im Bereich der roten Sprechblase. Ich folge dem Fluss ganz gemütlich in Richtung der Fünf um am Morgen bei der dort liegenden U-Bahnstation zu sein. Zwar wird der Weg längst nicht so lange dauern, aber da ich mir die anderen Stadtgebiete gar nicht angesehen habe und wohl auch keine weitere Karte finden werde, bleibe ich lieber am Fluss.
Gegen zwei Uhr, ich sitze gerade auf einer Bank und beobachte den Nachtklub am anderen Ufer, höre ich ein Geräusch, dass mir doch sehr bekannt vor kommt. Allerdings bin ich doch überrascht es hier zu hören. Ein Blick aufs Wasser macht aber klar, dass ich mich nicht getäuscht habe und es tatsächlich das Markante Tuckern eines kleinen Schiffsdiesels ist. In Ufernähe ist ein kleines Fischerboot unterwegs und wirft, mitten in der Millionenmetropole, seine Netze aus. Ich möchte nicht wissen was alles in dem Wasser ist und somit in die Fische übergeht, wenn es denn überhaupt eine nennenswerte Anzahl gibt.
Irgendwann entdecke ich, ich bin inzwischen mal wieder an der Ziel-U-Bahnstation vorbeigelaufen, in der Nähe ein Einkaufszentrum mit einem rund um die Uhr geöffneten, amerikanischen Schnellrestaurant 😉 . Da es inzwischen angefangen hat zu nieseln und mir so langsam doch etwas kühl wird beschließe ich mir ein Getränk bei McDonalds zu holen um die restliche Wartezeit im warmen verbringen zu können. Wieder einmal stellt sich die Kommunikation auf Englisch als beschwerlich dar und mehr mit Zeichen mache ich klar, was ich gerne hätte. Auch die Auswahl der Produkte entspricht nicht dem bekannten Angebot, das hatte ich so nicht erwartet.
Mit meiner Orangenlimonade (zumindest sieht es so aus und schmeckt auch so) setzte ich mich an einen Tisch und beobachte die anderen Gäste um mich herum. Auch sie scheinen einen Schlafplatz für die Nacht gesucht zu haben, kommen wohl aber gerade aus einer Disko und wirken ziemlich betrunken.
Leider ist die Toilette wohl über Nacht nicht geöffnet, zumindest stapeln sich die Hocker darin so weit, dass sie fast herauszufallen drohen. Da ich am anderen Ufer ein Hinweisschild gesehen hatte, mache ich mich dann am frühen Morgen noch einmal über die Brücke. In einer Seitengasse finde ich dann tatsächlich auch eine öffentliche Toilette, die über Nacht nicht geschlossen hat, auch wenn das Hinterhoffeeling nicht sonderbar einladend ist.
Bald darauf sitze ich dann auch endlich in der U-Bahn und erreiche den Flughafen. Nachdem ich mein Gepäck wieder problemlos abgeholt und aufgegeben habe, verbringe ich die restliche Wartezeit im internationalen Terminal. Das ist zwar ziemlich schlicht gehalten und bietet wenig Abwechslung, aber zumindest habe ich einen trockenen und warmen Sitzplatz.
Beim Einchecken werden wir dann, wie auch schon nach der Landung, mit dem Bus über das riesige Rollfeld zum Flugzeug gebracht. Die Fahrt über die vom Regen wie Seen aussehenden Asphaltflächen dauert gefühlt eine viertel Stunde. Dann steigen wir an der nagelneuen 787 von China Southern ein und schon kurz darauf verlassen wir den Boden in Richtung Auckland.
Auch wenn ich diese Zeit wohl nie vergessen werde, brauche ich doch keine Wiederholung und China wird es wohl kaum auf die Liste meiner Wunschziele schaffen. Einmal war ich schließlich jetzt da.
Im Flugzeug verschlafe ich dann erstmal das Abendessen, zum Glück bekomme ich meine Portion dann aber doch noch etwas verspätet, denn nach der Nacht habe ich doch gut Hunger 🙂 .